www.wochenspiegellive.de  Datum: 19. Juni 2013
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Ein Konsul auf Abwegen

wb | 19.06.2013
Hoher Besuch in kleinem Eifeldorf. Malcolm Scott, Generalkonsul der Britischen Botschaft, besuchte einen Landwirt in Nimsreuland (Altkreis Prüm). Bei einer Tasse Tee diskutierte man europäische Wirtschaftsbeziehungen. Kurz darauf scheuchte ein Mini in den Farben der britischen Nationalfahne Rinder über eine Weide. Was war geschehen?
Mitte Mai erhielt Rinderzüchter Guillaume Hermans unerwartete Post von der Britischen Botschaft in Berlin: Eine Anfrage, ob Hermans die "Great Britain Mini Tour" in Deutschland unterstützen wolle, die im Januar in Berlin gestartet war.

Die Deutschland-Tour ist Teil einer groß angelegten "Great Britain"-Kampagne, mit der die britische Regierung weltweit für Großbritannien wirbt. Die Tour will insbesondere ein Licht auf die deutsch-britischen Wirtschaftsbeziehungen werfen und Firmen zu verstärktem wechselseitigen Engagement anregen. Dazu werden erfolgreiche Projekte mit einem Mini besucht, der in den Nationalfarben der Insel lackiert ist. Das Auto ist dabei einerseits Ikone britischer Kultur und dient zum anderen als Symbol für erfolgreiche Wirtschaftsbeziehungen. Hersteller BMW betreibt in Großbritannien drei Werke, in denen der Mini produziert wird.

Landwirt Guillaume Hermans ist Niederländer und sah auf einer Landwirtschaftsausstellung einen neuartigen Stall, der in Teesdale, England, hergestellt wird. Die Roundhouse Building Solutions Ltd stellt Rundhaus-Ställe her, die nach allen Seiten hin geöffnet sind und durch ihre architektonischen Eigenheiten besondere Vorzüge in der Tierzucht haben sollen.

 

Mehr als 60 dieser Rundhaus-Ställe wurden seit ihrer Einführung 2006 auf der Insel gebaut. Hermans war der erste Landwirt, der die Ställe auf dem Kontinent im Sommer 2012 errichten ließ. Zunächst in seiner Heimat, dem niederländischen Kessel, einen zweiten in Nimsreuland unweit von Prüm.

Das Angebot, mit seinem Eifeler Rundhaus-Stall Teil der Kampagne der Britischen Botschaft in Berlin zu werden, nahm Hermans dankend an. Unklar war jedoch, ob ein Offizieller den Auftritt des Minis begleiten würde. Die Ankunft einer schwarzen Limousine mit Diplomatenkennzeichen beantwortete diese Frage final.

Malcolm Scott ist seit 2009 Generalkonsul in Düsseldorf. Wie seine Vorgänger hat er damit eine Doppelrolle inne: Als Generalkonsul ist er der offizielle Vertreter Großbritanniens in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland. Gleichzeitig ist Scott Direktor der britischen Wirtschaftsförderung in Deutschland, UK Trade and Investment (UKTI). Ein weiterer Vertreter von UKTI, Daniel Rutstein, begleitete ihn. „Das sieht sehr deutsch aus.“, entfuhr es Rutstein, als Landwirt Hermans sie in seine mit Eichenmöbeln besetzte Küche führte.

Scott erkundigte sich nach den Erfahrungen, die Hermans mit der Herstellerfirma aus England gemacht hatte. Der Landwirt zeigte sich voll des Lobes, insbesondere für den zügigen Aufbau in nur drei Tagen. Im Detail gab es jedoch Probleme durch die unterschiedlichen Maßsysteme. Scott hob heraus, dass er Firmen immer wieder daran erinnere, an den Exportmarkt zu denken, der zu großen Teilen nicht in Zoll und Fuß rechnet.

Rinderzüchter Hermans erklärte dem Konsul seine Philosophie artgerechter Tierhaltung, für die der Stall ein wichtiges Element sei. Einig war man sich, dass landwirtschaftliche Themen in der Presse zu selten diskutiert werden und Skandale, wie der Pferdefleisch-Skandal zu Beginn des Jahres, ein nur unzureichendes Licht auf die Probleme und Möglichkeiten in diesem Wirtschaftszweig werfen würden. Hermans unterstrich einen positiven Trend in den letzten Monaten, die Verbraucher würden sich wieder verstärkt mit der Herkunft ihres Fleisches beschäftigen.

Da der niederländische Landwirt britische Hereford-Rinder züchtet, wurden nach der Abreise des Besuches aus Düsseldorf noch Bilder und Filmmaterial mit dem in Landesflagge lackierten Mini auf der Wiese gemacht. Hermans und sein Mitarbeiter Josef Cremer koordinierten die Fahrt durch die Tierherde, und der tiefgelegte Mini bewies auf den krummen Eifel-Hängen eine erstaunliche Geländegängigkeit.